Wolfs- und Herdenschutz mittels Künstlicher Intelligenz

Challenge

Der Wolf wird eine immer präsentere Bedrohung für Herdentiere , denn immer häufiger kommt es zu Übergriffen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Derzeit ist es nicht möglich, den Schutz der Herdentiere wie auch gleichzeitig den des Wolfes zu gewährleisten.

Lösung

Ziel war es, mittels neuronaler Netzwerke Tierhalter in die Lage zu versetzen, sich aktiv vor Wolfsrissen zu schützen. Dies soll in Form einer nutzerfreundlichen App bereitgestellt werden, die durch eine API mit unserer hauseigenes entwickelten künstlichen Intelligenz verbunden ist. Diese KI wird vorrangig zu der Erkennung von Wölfen in Kameraaufnahmen genutzt.

1. Potentialanalyse

Durch den intensiven Austausch mit dem Kunden haben wir einen Überblick über dessen Vorstellungen und Anforderungen an die Bilderkennungssoftware und App erhalten. Diese Erkenntnisse hielten wir in einer Klickdummy App fest. Somit konnten wir in Abstimmung mit diesem Werkzeuge, Technologien und Architekturen festlegen, um das bestmögliche Potenzial aus diesem Prozess zu erarbeiten.

2. Use Case Definition

Anhand der Prozessanalyse definierten wir den Use Case der gewünschten App. Ein solcher Use Case enthält alle möglichen Szenarien, die mithilfe des Systems zu leisten sind.

Name

Wolfswarner

Kurzbeschreibung

Aufgabe ist das Bereitstellen einer trainierten KI in einer App, um Wölfe und Menschen anhand von Videomaterial unmittelbar zu erkennen und Benutzer vor diesen zu warnen.

Akteure

Masasana GmbH

Oliver Kubitz

Vorbedingung

Die KI ist trainiert. Zudem ist die App entwickelt und bei dem Nutzer installiert. Die Kameras sind aufgebaut und der RTSP-Link dieser ist öffentlich zugänglich.

Nachbedingung

Der Nutzer ist über die Präsenz eines Wolfs/Menschen auf seinem Grundstück informiert.

Ablauf – Normalszenario

1. Der Nutzer authentifiziert sich in der App.

2. Der Nutzer bindet eigene Kamera(s) über ein Abo-Modell in die App ein.

3. Das Backend erhält live-Daten von jeder eingebundenen Kamera.

4. Die künstliche Intelligenz prüft und verarbeitet die Videodaten.

5. Die KI-unterstützte Erkennungssoftware erkennt einen Wolf und/oder Menschen.

6. Das System gibt eine automatische live Warnmeldung an den Nutzer aus, der diese über die App erhält.

Ablauf – Alternativszenario

2.1 Der Nutzer besitzt kein Abo.

2.1.1 Der Nutzer schließt über die App ein Abo seiner Wahl ab.

2.1.2 Weiter wie in Schritt 2.

5.1 Die Erkennungssoftware erkennt keinen Wolf/Mensch.

5.1.1 Das System gibt keine Meldung an den Benutzer aus.

Ablauf – Fehlerszenario

1.1 Der Nutzer kann sich in dem System nicht authentifizieren.

1.1.1 Der Nutzer registriert sich in der App.

1.1.2 Weiter wie in Schritt 2.

2.2 Die Kamera verbindet sich nicht mit dem System.

2.2.1 Das System gibt eine Fehlermeldung aus.

3.1 Das System erhält keine Videodaten.

3.1.1 Das System gibt eine Fehlermeldung aus.

3. Iterative Modellerstellung

Um uns einen Überblick über die Architektur und Inhalte der App verschaffen zu können, erarbeiteten wir gemeinsam mit unserem Kunden in einem Workshop ein Mockup. Als Ergebnis dieses Workshops entstand unter anderem ein Klickdummy der App. Anhand dieses Dummys und Mockups erarbeitete unser Team eine vollständige App in der die künstliche Intelligenz über das Backend eingebunden ist.

Abb. 1: Mockup der App

Nach dem Konzeptausbau begannen wir mit der Datenbeschaffung. Für das Projekt wurden rund 300.000 Fotos von Wölfen gesammelt, analysiert und gelabelt, um die künstliche Intelligenz zu trainieren. Viele davon stammen aus dem Biotopwildpark Anholter Schweiz in Isselburg. Zudem wurden tausende Bilder von Hunden, Schafen, Pferden, Kühen und Menschen eingepflegt, damit die künstliche Intelligenz den Unterschied zwischen den Raubtieren und ungefährlichen Nutztieren/Menschen erkennt. Dadurch soll die Anzahl an Fehlalarmen drastisch reduziert werden. Dieser künstlichen Intelligenz war es am Ende möglich Wölfe, Menschen, Hunde, Schafe, Pferde und Kühe bei Tag, Nacht wie auch bei Nebel zu erkennen.

Abb. 3: Push-Notification bei Wolfssichtung
Abb. 2: Kameraeinrichtung in App

Im Zuge der Entwicklung war es neben der Backendentwicklung besonders wichtig, das Frontend benutzerfreundlich zu gestalten. Demnach sollten alle wichtigen Funktionen und Informationen der App auf einen Blick zu erkennen und abzurufen sein. Dazu zählte vor allem das simple Einrichten der Kameras. Der Intro-Screen zeigt bei dem erstmaligen Starten der App einen Guide auf, welcher dem Nutzer das Einbinden der Kameras erläutert. Durch das Abo-Modell in der App ist es dem Nutzer möglich bis zu 10 Kameras mit der Software zu verbinden. Dabei kann nahezu jede handelsübliche Sicherheitskamera an die App angeschlossen werden und muss hierzu lediglich das RTSP Protokoll unterstützen und durch eine öffentliche IP-Adresse oder eine DynDNS erreichbar sein.

Bei der Einrichtung der Kamera kann der Nutzer wählen, ob er ausschließlich über Wölfe und/oder Menschen informiert werden möchte (siehe Abbildung 2).

Zudem wurde die App um einen Supportbereich mit einem Frequently Asked Questions (sog. FAQ) erweitert, welche häufig aufkommende Fragen für den Nutzer sofort beantwortet.

In der App kann der Nutzer ein Profil mit Nutzernamen, E-Mailadresse und Profilbild anlegen. Diese Daten werden in einer Backend-Datenbank abgelegt. Das Passwort des Nutzer wird verschlüsselt in dieser Datenbank hinterlegt, um den Datenschutz vollends zu gewährleisten.

Abb. 4: Alarm bei Wolfssichtung in App

Bei dem Erhalt einer Warnung per Push-Nachricht wird das live-Bild der Kameraaufzeichnung angezeigt. Dieses Bild kann durch eine Zoom-Funktion vergrößert werden. Die künstliche Intelligenz zeigt dabei an, ob es sich um einen Wolf oder Menschen handelt. Durch das Bild ist es dem Nutzer möglich zu überprüfen, ob die Aussage der KI True Positive oder False Positive ist. Sollte es sich fälschlicherweise nicht um einen Wolf oder Menschen handeln (False Positive), kann ein Fehlalarm in der App gemeldet werden.

4.Integration und Ergebnisanalyse

Nach der Fertigstellung der App haben wir diese auf Wunsch des Kunden in den App Store für IOS wie auch in den Play Store veröffentlicht. Somit ist die App seit Juni 2022 für das Smartphone und Tablets erhältlich. Darüber hinaus erweitern wir die künstliche Intelligenz in Zusammenarbeit mit unserem Kunden stetig, um die Erkennungsrate zu erhöhen.

Medienberichte

WDR (1), WDR (2), O. Kubitz, MDR